Ein Blick in die Zukunft – Möglichkeiten und Perspektiven in den Bereichen Gesundheit, Pflege Kinder- und Jugendhilfe

Biedenkopf | Die Metall- und Kunststoffverarbeitung stellt einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor im hessischen Hinterland dar. Dies ist für eine Region in höchstem Maße vorteilhaft und führt zu exzellenten Vermittlungswerten. Einige Schülerinnen und Schüler zeigen sich jedoch skeptisch, ob die Region ihnen weitere Berufsperspektiven und Arbeitgeber bietet. Diese Fragestellung konnte im Rahmen des Fachkräftecamps 2024 adäquat erörtert werden. Vom 4. bis 8. November 2024 hatten 18 Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 8 und 9 die Möglichkeit, sich mit der vielfältigen Welt der Gesundheits-, Pflege- und Sozialberufe vertraut zu machen. Im Rahmen des Fachkräftecamps Hessen wurden den Teilnehmerinnen und Teilnehmern wertvolle Einblicke in verschiedene Berufsfelder gewährt. Zudem bestand die Möglichkeit, Einblick in die Arbeitsprozesse zahlreicher Einrichtungen in und um Biedenkopf zu gewinnen.

Um eine optimierte Betreuung und Begleitung durch die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber gewährleisten zu können, wurde eine Aufteilung der 18 Schülerinnen und Schüler an einigen Tagen in zwei Gruppen vorgenommen.

Im Anschluss an eine Einweisung im Bildungswerk der Hessischen Wirtschaft e.V. am Standort Biedenkopf erfolgte die erste praktische Erfahrung in der Kindertagesstätte Wirbelwind. Die direkte Erfahrung mit Erzieherinnen und Erziehern im ersten Ausbildungsjahr in der Praxis stellte sich als spannende und andersartige Erfahrung heraus, als es die sachliche Berufsbeschreibung gewesen wäre. Den Schülerinnen und Schülern wurde die Möglichkeit geboten, die verschiedenen Räumlichkeiten der Kindertagesstätte zu besichtigen und sich mit dem Berufsbild der Erzieherin bzw. des Erziehers sowie den damit verbundenen vielfältigen Aufgabenbereichen vertraut zu machen. Im Anschluss führten die Teilnehmenden ein Interview mit Frau Reifert, Leiterin der Kindertagesstätte anhand der vorbereiteten Fragen durch. Im Anschluss wurde das Interview mit einer Exkursion zu den besonderen Soft Skills, die in der Kindertagesstätte von Relevanz sind, abgerundet.

Die zweite Gruppe war in der Kindertagesstätte "Haus der kleinen Entdecker" eingeladen. Im Anschluss an die Begrüßung erfolgte eine Gruppeneinteilung: Eine Gruppe hatte die Gelegenheit, an einer Sportstunde für die jüngsten Kinder teilzunehmen. Die Gruppe hatte sichtlich Freude an den verschiedenen Aktivitäten wie Klettern, Singen, Hüpfen und dem Spielen im Kriechtunnel. Eine andere Gruppe hatte die Möglichkeit, sich mit einer Murmelbahn zu beschäftigen, Kleister für eine Pappmaché-Winterlandschaft anzurühren oder eine Autorennbahn zu konstruieren. In der abschließenden Feedback-Runde am Ende des Tages kristallisierte sich bereits heraus, für welche Schülerinnen und Schüler die Kindertagesstätte eine berufliche Perspektive darstellt.

Ein besonderes Highlight im Deutschen Roten Kreuz Krankenhaus stellte der Besuch der Zentralen Notaufnahme (ZNA) dar. Den Schülerinnen und Schülern bot sich hier die Gelegenheit, einen Einblick in den Behandlungsablauf zu gewinnen und praktische Erfahrungen beim EKG-Erstellen oder Blutdruckmessen zu sammeln. Einige Schülerinnen und Schüler hatten darüber hinaus die Gelegenheit, im Operationssaal zu hospitieren und dem operierenden Arzt bei einer Gallenoperation sowie einer Schulter-TEP (Total-Endo-Prothese) über die Schulter zu schauen.

Im Seniorenzentrum Lahnaue erfuhren die Schülerinnen und Schüler, wie es ist, als pflegebedürftiger Mensch zu leben. Sie schlüpften in die Rolle der Seniorinnen und Senioren und konnten so deren Herausforderungen und Gefühle nachvollziehen. „Es ist wichtig, Empathie für alte Menschen zu entwickeln“, betonte ein Teilnehmer.

In der Hebammenpraxis erhielten die Teilnehmenden einen sehr guten Einblick in die Zusammenarbeit mit einer schwangeren Frau, mit der eine Vorsorgeuntersuchung simuliert wurde. Gemeinsam wurde die Lage des Babys im Bauch untersucht und die Kinder konnten die Herztöne des Babys hören. Eine Schülerin brachte den Wunsch zum Ausdruck, Hebamme werden zu wollen.

Weiter ging es zum Alten- und Pflegeheim Tannhäuser, wo die Teilnehmenden einen Einblick in den Alltag einer Altenpflegerin/ eines Altenpflegers erhielten. Es gab einen gemeinsamen Rundgang durch die verschiedenen Räume. So waren die Teilnehmenden in einer großen Küche, in den Gemeinschaftsräumen und in großen Bädern mit Friseurstühlen und riesigen Badewannen. Besonders viel Spaß hat es gemacht, sich gegenseitig mit dem Badewannenlift in die Wanne zu heben. Für die Begleiterinnen und Begeleiter ebenso wie für das Personal vor Ort war es schön, zu sehen, wie freundlich die Schülerinnen und Schüler mit den alten Menschen umgegangen sind. Erstaunlich war auch, wie schnell die Jugendlichen der zweiten Gruppe Zugang zu den Seniorinnen und Senioren in der Tagespflege Kapitza fanden. Ob in Gesprächen, bei Aktionen zur Aktivierung des Gedächtnisses oder der Motorik oder bei der gemeinsamen Punktejagd, der Funke sprang schnell über. Der Abschied mit einem spontan gesungenen Volkslied der Seniorinnen und Senioren sorgte für emotionale Momente. Sicherlich nicht der einzige Moment, der in Erinnerung bleiben wird, und sicherlich haben die Schülerinnen und Schüler einen lebendigen Eindruck von den sozialen Berufen und dem Pflegebereich bekommen.

Beim Besuch der Perf-Apotheke in Breidenbach folgte auf den interessanten Kurzvortrag von Leonard Hesse, angehender Apotheker über die verschiedenen Berufsbilder im Zusammenhang mit dem Führen einer Apotheke, ein Rundgang zu den beschriebenen Arbeitsbereichen. Auch hier war die Erfahrung der Praxis zentrales Element: Die Schülerinnen und Schüler wurden in Kleingruppen aufgeteilt und konnten im Rotationsprinzip die Arbeitsplätze Empfang, Labor und Rezeptur kennenlernen. Im Labor beschäftigten sich die Teilnehmenden mit der Überprüfung von angelieferten Arzneimitteln und Wirkstoffen, der Analyse von verschiedenen Proben und der Kontrolle von Wirkeigenschaften. Nur wenige wussten, dass es in einer Apotheke auch ein Labor gibt, in dem vor allem pharmazeutisch-technische Assistenten arbeiten. Im Rahmen der Rezeptur wurden die Herstellung von Kapseln und Suppositorien sowie die damit verbundenen Arbeitsschritte erörtert. Die Teilnehmenden hatten die Möglichkeit, die einzelnen Schritte eigenständig durchzuführen, wobei sich einige von ihnen durch besondere Geschicklichkeit auszeichneten. Dies verdeutlichte, wie wichtig Genauigkeit und Sorgfalt bei der Arbeit als pharmazeutisch-technische Assistentin bzw. Assistent sind. Das Ausprobieren und Experimentieren wurde von den Schülerinnen und Schülern als bereichernd empfunden

Während der Erprobung der Arbeitsplätze wurden die Teilnehmenden mit einer simulierten Kundenberatung konfrontiert, welche durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Empfangs ausgeführt wurde. Diese Übung wurde in Form eines Rollenspiels durchgeführt. Trotz anfänglicher Schüchternheit gelang es den Schülerinnen und Schülern, sich in ihre Rolle zu finden. Die Teilnehmenden erlangten insbesondere die Erkenntnis, dass Wechselwirkungen zwischen Medikamenten möglich sind und eine gemeinsame Einnahme daher kontraindiziert ist. Des Weiteren wurde den Teilnehmenden vermittelt, dass bestimmte Medikamente aufgrund körperlicher Vorbelastungen nicht empfohlen werden können. Als Beispiel kann ein Schmerzmittel angeführt werden, dessen Abbau über die Leber bei Patientinnen und Patienten mit Lebererkrankungen beeinträchtigt ist. Den Teilnehmenden der zweiten Gruppe wurde zudem in der Schlossapotheke die Möglichkeit geboten, sich mit der Herstellung und dem Mischen von Medikamenten und speziellen Cremes vertraut zu machen.

Die ereignisreiche Woche wurde mit einem realitätsnahen Einblick in das Berufsbild des Rettungssanitäters bzw. der Rettungssanitäterin inklusive eines "Erlebnisraums Rettungswagen" abgeschlossen. Im Rahmen der Veranstaltung wurde seitens des Rettungsdienstes der Johanniter ein Einblick in die Behandlung von Notfällen im Rettungswagen gewährt. Zudem wurde eine detaillierte Erläuterung der Berufsbilder Rettungssanitäter/ -in und Notfallsanitäter/ -in vorgenommen.

Der Nachmittag war der Abschlussveranstaltung gewidmet, welche mit einer eindrucksvollen Präsentation beendet wurde. Im Anschluss erfolgte eine gemeinsame Reflexion der Eindrücke der Teilnehmenden der Campwoche mit den Berufsberaterinnen der Agentur für Arbeit Marburg. Die Dokumentation des Erlebten in Form von Fotos und Videos stieß bei den Anwesenden auf Begeisterung. Die Organisatoren und Organisatorinnen der Veranstaltung resümierten, dass alle Teilnehmenden von der Woche begeistert gewesen seien und viele von ihnen nun einen konkreten Berufswunsch hätten. „Die Veranstaltung hat nicht nur einen Beitrag zur Berufsorientierung geleistet, sondern auch das Interesse an Berufen im Gesundheits- und Pflegebereich sowie in der Kinder- und Jugendhilfe geweckt“ teilte Herr Pfister, Koordinator des BWHW in Biedenkopf mit.

Die Fachkräftecamps werden als gemeinsame Fachkräfteinitiative zusammen gefördert durch das Hessische Ministerium für Arbeit, Integration, Jugend und Soziales und die Regionaldirektion Hessen der Bundesagentur für Arbeit, als Schulveranstaltung unterstützt durch das Hessische Ministerium für Kultus, Bildung und Chancen und im Jahr 2024 durchgeführt durch das Bildungswerk der Hessischen Wirtschaft e. V.

Die Veranstaltung hat nicht nur zur Berufsorientierung beigetragen, sondern auch das Interesse an Berufen im Gesundheits- und Pflegebereich sowie in der Kinder- und Jugendhilfe geweckt. „Wir hoffen, dass die Jugendlichen die Erfahrungen aus dieser Woche mitnehmen und bei ihrer Berufswahl nutzen können“, so die Organisatoren.